Spektroskopisches Editorial

Spektroskopie
Berichte


Liebe Vereinskollegen!

 

Zunächst herzlichen Dank für die Aufnahme in Eure Runde als ordentliches Mitglied der BAA. Erlaubt mir zunächst ein paar kurze Angaben zu meiner Person. Ich habe mich im noch zarten Alter von 62 im März 2014  als Rechtsanwalt in den Status eines emeritus begeben, mit der erfreulichen Nebenerscheinung, daß ich nun mehr Zeit für mein astronomisches Hobby erübrigen kann.

Meine astronomische Laufbahn begann 2001 bei der WAA, der ich seit einigen Jahren als Vizepräsident und aktives Mitglied diene. Ich war an der Gründung der Keltenbergsternwarte Oberleis beteiligt und nehme dort die Funktion des Kassiers war. Schließlich bin ich auch noch Mitglied des Astroteams Mariazellerland.

Astronomisch betätige ich mich an meinem Wohnsitz in Wien mit den Einschränkungen der Großstadt, an meinem Zweitwohnsitz in Edlach/Rax und meistens einmal jährlich auch auf der Farm Hakos in Namibia.

Zur Vorbereitung meines Daseins als Ruheständler habe ich mich 2013 dazu entschlossen mich der Astrospektroskopie zuzuwenden und im Oktober 2013 den einwöchigen spektroskopischen Ausbildungskurs in Wuppertal besucht, den ich ein Jahr später und nach einem Vortrag bei Euch gemeinsam mit Manfred Schwarz nochmals besuchte. Das Ergebnis ist soweit bekannt. Manfred und ich sind seither heftigst mit dem Spektroskopievirus infiziert und haben kürzlich in Siegfried Hold aus der Steiermark einen weiteren österreichischen Mitstreiter auf diesem Gebiet gefunden.

Was wollen wir erreichen, außer natürlich selbst Freude und Befriedigung an dieser Beschäftigung zu finden?

Amateurspektroskopisch gesehen ist Österreich praktisch ein Niemandsland im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz, gar nicht zu reden von den Franzosen, die hier in Europa wohl in führender Position sind. Derzeit arbeiten wir nach dem Motto „wir drei tun etwas, was 8,5 Millionen Österreicher nicht tun“. Doch das soll sich ändern. Wir wollen den einen oder anderen Amateurastronomen dazu animieren sich dieses Arbeitsgebiet einmal anzusehen und es vielleicht zu seinem zukünftigen astronomischen Betätigungsfeld zu machen.

Mein Vortrag über Spektroskopie bei der BAA vor einigen Monaten stand unter dem Titel „Spektroskopie – die Sprache des Lichts verstehen“. Astronomen zählen ja zu der bedauernswerten Spezies von Forschern, die das Objekt ihres Interesses nicht im Labor untersuchen können. Es steht ihnen nur die elektromagnetische Strahlung – und davon bis vor wenigen Jahrzehnten praktisch nur der schmale visuelle Bereich von ca. 400 – 700 nm – zur Verfügung, um Erkenntnisse über kosmische Objekte gewinnen zu können. Um so bewundernswerter ist es, was Astronomen trotz dieser gewaltigen Einschränkung alles erforschen, entdecken und erklären konnten.

Mit der Spektroskopie können heute Amateure zu leistbaren Preisen nicht nur bereits gewonnene Erkenntnisse der Astronomie nachvollziehen, wie z.B. die Spektralklassenbestimmung von Sternen, sondern an der vordersten Front der astronomischen Forschung mitarbeiten. Immer öfter bilden sich ProAm-Cooperationen (= Professional-Amateur), da den Berufsastronomen gar nicht die Gerätekapazitäten zur Verfügung stehen, die für ein Langzeitmonitoring der sie interessierenden Objekte erforderlich wären. Gerade solche Projekte können aber mit Amateurausrüstung realisiert werden. Als ein herausragendes Beispiel einer solchen weltweiten Kooperation sei die International Epsilon Aurigae Campaign 2009 – 2011 (http://www.hposoft.com/campaign09.html) genannt.

Laufend sind verschiedene Sterne mit kurzfristigen Veränderungen Gegenstand solcher Kooperationen. Unser Wuppertaler Lehrer Ernst Pollmann befaßt sich seit vielen Jahren mit solchen spektroskopischen Beobachtungen, so vor allem mit einem Langzeitmonitoring von Be-Sternen. Näheres dazu kann auf seiner Homepage http://www.astrospectroscopy.de/ nachgelesen werden.

Der amerikanische Amateur Jeff Hopkins hat erst kürzlich eine Beobachtungskampagne von Sternen im Orion gestartet, die gleichzeitig spektroskopiert und photometriert werden sollen (Orion-Project http://www.hposoft.com/Orion/Orion.html) zu der Manfred Schwarz mit einem Spektrum von Betelgeuze bereits einen Beitrag geleistet hat.

Es würde den Rahmen dieses Editorials sprengen, würde ich jetzt alles aufzählen, was Amateure auf dem Gebiet der Spektroskopie alles tun können. Einen guten Einblick, was alles möglich ist gibt Christian Buil´s Homepage http://www.astrosurf.com/buil/observations.htm, der in der französischen Spektroskopikerszene eine führende Rolle einnimmt.

Wer jetzt glaubt, sich zuerst einmal eine teure Ausrüstung anschaffen zu müssen, um dann vielleicht draufzukommen, daß Spektroskopie doch nicht das seine ist, der möge einen Staranalyser um € 100 erwerben (http://www.patonhawksley.co.uk/staranalyser.html). Mit diesem und der freeware VSpec läßt sich schon einiges anfangen und damit ohne viel Aufwand entscheiden, ob man tiefer und teurer in die Spektroskopie vordringen will.

Wer ernsthafter in die Spektroskopie einsteigen will, dem können wir nur eindringlich den jährlichen Kurs unserer Wuppertaler Freunde Michael Winkhaus, Bernd Koch und Ernst Pollmann ans Herz legen. Es gibt nichts Besseres im deutschen Sprachraum und sie geben Österreich gerne und mit Begeisterung spektroskopische Entwicklungshilfe. (zum Kurs meine beiden Berichte aus 2013 und 2014 http://www.waa.at/bericht/2013/10/20131021sfl00.html, http://www.waa.at/bericht/2014/10/20141006sfl00.html

 

Franz Gruber hat spontan angeregt auf der BAA-Homepage eine Rubrik für Spektroskopie einzurichten, wofür wir ihm nur herzlich danken können. So können wir spektroskopisch im Internet präsent sein ohne uns der Mühen der Einrichtung und Betreuung einer eigenen Homepage unterziehen zu müssen. Zweck dieses Unterfangens soll es sein, regelmäßig Berichte über spektroskopische Beobachtungen ebenso veröffentlichen zu können wie spektroskopiespezifische Informationen.

Wir würden uns freuen, ließe sich im Laufe der Zeit eine kleine österreichische Gruppe von Amateurspektroskopikern aufbauen, die mit ihren Daten in Zukunft auch einen kleinen Beitrag zur astronomischen Forschung und Wissenschaft leistet. Das Gebiet der Spektroskopie ist so weit und vielfältig, daß sich für jede Brieftasche und jedes Interesse ein großer Bereich zur regelmäßigen Betätigung finden läßt. Und Hand ans Herz: wer von uns Amateuren wäre nicht Stolz, würde sein Namen einmal in einer wissenschaftlichen Arbeit auftauchen.

Auf eine erfolgreiche österreichische spektroskopische Zukunft und vor allem

 

                                                                                        clear skies

                                                                            Thomas und Manfred


Aktualisiert am 16.01.2015

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Dr. Thomas Schroefl